Beiträge

Erfahrungsberichte von Alt und Jung

Wie bereits in der letzten Ausgabe der vitaXpress vorgestellt, haben Mann und Frau, Alt und Jung jetzt die Möglichkeit, ein neues innovatives Therapie- und Trainingskonzept im igia – Ambulatorium für Physiotherapie in der Aignerstraße 29, auszuprobieren. Es handelt sich hierbei um therapeutisches Klettern, dem neuen Trend im Bereich des Gesundheitssports. Wie der Name schon sagt verbindet dieses Konzept den Bereich Physiotherapie mit körperlichem Training im Sinne von Bewegung in der Vertikalen.

Physiotherapie??? Das ist auch für die 10-jährige Nina Nicolussi aus Salzburg zur Routine geworden. Woche für Woche wurden die Therapiestunden abgespult, doch Freude kam dabei nie so richtig auf. Nina leidet an einer Instabilität im Bereich des Kniegelenks, welche durch das Fehlen des vorderen Kreuzbandes verursacht wird. „Um diese Instabilität ausgleichen zu können, ist es von Nöten, regelmäßig gezieltes Muskelaufbautraining im Bereich der hinteren aber auch der vorderen Oberschenkelmuskulatur durchzuführen. Die klassische Methode heißt Muskelkrafttraining mit oder ohne Geräte, was natürlich für Kinder sehr langweilig und demotivierend ist. Das wöchentliche Training wird somit zur Qual und es lassen sich keine langfristigen Erfolge erzielen“ schildert Physiotherapeut Mag. Hannes Rottenspacher vom igia – Ambulatorium. Deshalb ist es bei Kindern immer wichtig, den Spaßfaktor im Training hochzuhalten. Durch die Variabilität an der Kletterwand kann man Kinder sehr leicht motivieren und somit das gewünschte Trainingsziel, wie hier muskuläre Kräftigung, erreichen. Aber entscheidend ist im therapeutischen Zusammenhang mit Kindern auch, dass man durch genaue Instruktionen nicht nur einen isolierten Muskel oder eine Muskelgruppe trainieren kann (wie zum Beispiel mittels Kraftgeräten). Klettern bietet nämlich eine unvergleichliche Fülle an Lern- und Erfahrungspotential, schult den Gleichgewichtssinn, erweitert die Bewegungsmuster, erhöht die Konzentrationsfähigkeit, verbessert die Koordination von Armen und Beinen und schafft Vertrauen in sich selbst und andere.

Aber es muss sich nicht immer ein klinisch definiertes Krankheitsbild im Hintergrund befinden, sondern man kann durch präventives Klettern eine allgemeine Kräftigung der Rumpfmuskulatur erreichen. Man kann also Klettern als eine optimale Maßnahme zur Prävention von Rückenbeschwerden sehen. Durch einen gezielten Aufbau im Bereich der Rücken- und Bauchmuskulatur kann die Wirbelsäule, und somit vor allem die Bandscheibe ideal entlastet werden.

Dr. Siegmund Lospichl, 70-jähriger ehemaliger praktischer Arzt aus Anif schwört seit Wochen auf die Klettertherapie. „Seit einer Hirnblutung vor 3 Jahren habe ich Probleme beim Gehen, was auf eine Störung  des Gleichgewichtes zurückzuführen ist und durch einen manchmal auftretenden Drehschwindel verstärkt wird. Außerdem habe ich bemerkt, dass ich koordinativ, aber auch im mentalen Bereich doch sehr große Defizite habe. Ich hatte wirklich große Probleme, mich länger und ohne Kopfweh auf etwas zu konzentrieren“ erzählt Siegmund. „Als ich das erste Mal an der Wand hing, hatte ich ein mulmiges Gefühl, aber nach ein paar Minuten merkte ich, wie anstrengend und komplex die einzelnen Bewegungsabläufe sind. Aber aufgrund der sehr gezielten Instruktionen von meiner Physiotherapeutin Martina Bliem, hat es mir nach einigen Minuten sehr viel Spaß gemacht. Es war zwar anstrengend, aber ich merkte bereits nach einigen Klettereinheiten, dass ich koordinativ Fortschritte machte. Faszinierend ist für mich beim Klettern die ideale Kombination der physischen mit der psychischen oder mentalen Komponente.“ so Siegmund weiter.

In der Schulterambulanz stellte man bei Maria Arnhof (46) eine Schleimbeutelentzündung in der Schulter fest. Als Tobias Voggenreiter, Physiotherapeut im igia – Ambulatorium den Befund aufnahm zeigten sich die weiteren Auswirkungen, die im Zusammenhang mit der Schulter standen. Kopfschmerzen aufgrund der Verspannungen und Taubheitsgefühl in der rechten Hand waren die größten Probleme. Nach einigen Behandlungen ging die Entzündung deutlich zurück, doch konnte Maria den Arm immer noch nicht schmerzfrei bewegen. „Jetzt ist es an der Zeit, dass wir mit der Muskelkräftigung beginnen!“ stellte Tobias fest. Was für eine Freude!!! Aber nachdem Tobias mit ihr statt an die Geräte an die Kletterwand ging, hatte sie ihren Schmerz so gut wie vergessen und konnte perfekt trainieren. „In der nächsten Stunde klagte Maria zwar über einen Muskelkater“, so Tobias weiter, „wollte aber sofort einen Teil der Kletterwand mit nach Hause nehmen, da es ihr so viel Spaß gemacht hat, dass sie daheim weitertrainieren wollte!“.

Konkret lässt sich diese Therapieform also in den verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel bei Kreuzbandoperationen, Skoliose, Problemen im Bereich der Schulter, chronischen Wirbelsäulenbeschwerden, Parkinson, sensomotorischen Defiziten, Beweglichkeitsdefiziten in fast allen Gelenken, etc. , sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen anwenden.

Egal welches Ziel Mann oder Frau verfolgt, sprich sei das Ziel Beinachsenstabilisierung oder Schultergelenkstabilisierung, Kräftigung der Bauch- und Rückenmuskulatur, Verknüpfung beider Körper- und Gehirnhälften, alles ist möglich. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang eine gezielte Führung durch das Training beziehungsweise der Therapie mittels genauester Instruktionen seitens eines fachlich geschulten Physiotherapeuten. Schauen Sie mal bei uns im igia – Ambulatorium vorbei und entdecken Sie diese neue Art des innovativen Trainings. Das igia – Team freut sich auf Sie!


Interview

Veronika Nocker, Expertin auf dem Gebiet therapeutisches Klettern im Exclusivinterview:

Warum gerade jetzt Klettern als Therapie? Wie ist Therapeutisch Klettern entstanden?

Klettern, Sportklettern ist eine moderne Sportart geworden. Viele Kletterhallen bieten das ganze Jahr die Möglichkeit in einem sicheren Rahmen eine Sportart auszuüben, die den Menschen als Ganzes erfasst.

Matthias Bongartz aus Heidelberg, Sportkletterer und Instruktor für FBL Funktional Kinetics begann vor 15 Jahren therapeutisches Klettern nach dem Konzept der FBL (Funktionelle Bewegungslehre) zu entwickeln.

Die Arbeitsgruppe Vertikal4, Matthias Bongratz, 2 weitere KollegInnen und ich führen diese Arbeit weiter: Wir vernetzen theoretisches, wissenschaftliches Wissen mit der Praxis an der Kletterwand. kreieren neue Übungen und integrieren Neues in die Therapie mit den Patienten und in die Seminarinhalte.

Therapeutisches Klettern findet in der Physiotherapie hauptsächlich an einer raumhohen Kletterwand statt. Versehen mit vielen, bunten, gut greifbaren, großen Griffen, entspricht das therapeutische Klettern dem „Bouldern“ beim Sportklettern.

Wer ist für therapeutisches Klettern geeignet?

Es gibt fast keine Einschränkung für therapeutisches Klettern. Jeder kann klettern, sofern er/sie es möchte. Die Freude oder Neugier am Klettern ist uns seit frühester Kindheit bekannt und ähnlich dieser Freude spüren dies die meisten Menschen, unabhängig von ihrem Alter.

PatientInnen nach Frakturen, Verletzungen und Operationen können dann therapeutisch Klettern, wenn es die Belastbarkeit des Körpers bzw. die Wundheilung erlaubt.

Klettern eignet sich besonders gut für Personen mit Arthrosen der Gelenke, Gelenksersatz, alle Arten der WS – Beschwerden, Skoliose, Haltungsschulung, aber auch für neurologische Patienten wie bei MS, Parkinson und Hemiplegien

Unterschiede zu herkömmlicher Therapie?

Therapeutisches Klettern auf der Grundlage von FBL ist reaktives Üben an der Kletterwand. D.h. die ausgelösten Reaktionen der Übungen dienen dazu das ökonomische Bewegen wiederzuerlangen. Die TherapeutInnen nützen die Wirkung der Schwerkraft, das Drehmoment, die Bewegung und die daraus resultierende Muskelarbeit für die therapeutischen Übungen. Der ganze Körper ist beim Üben in Aktivität und besonders die stabilisierende Muskulatur wird gefördert. Von ganz leicht bis sehr anspruchsvoll können die Übungen dosiert werden.

Erfahrungswerte des therapeutischen Kletterns?

Klettern macht Spaß – und therapeutisches Klettern bereitet genauso Freude. Kinder die ihre Haltung verbessern sollen, klettern lieber als dass sie regelmäßig üben. Die langjährige Begleitung von Jugendlichen mit einer Skoliose ist ein besonderes Beispiel für motivierende Bewegungsschulung an der Kletterwand.

Wenn der Körper verlernt hat seine Muskeln optimal einzusetzen, z.B.: nach Verletzungen, Schmerzzuständen und Operationen, kann über das reaktive Üben an der Kletterwand das Bewegungsverhalten neu gebahnt und wiederhergestellt werden. Das Bewegen an der Kletterwand verlangt die ganze Aufmerksamkeit und lässt den Körper im Moment wahrnehmen.